Dienstag, 2. September 2014

Maxi am Kazbek 5047 m (Макси на Казбеке 5047 м)

Man kann sich doch im Urlaub nicht immer nur die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, da muss noch mehr sein. Ok, dann nehmen wir noch eine Stadt dazu, aber auch das ist noch immer nicht genug, es sollte auch noch ein bisschen Sport, Schweiß und Nervenkitzel  dabei sein. Wie wäre es mal mit einem Berg, aber einem richtigen, so 5000 Meter sollte er schon hoch sein, raufkommen wäre nicht schlecht und heil runterkommen natürlich noch besser.
Hoher Berg, Städteurlaub, Strandurlaub und das ganze bitte in nur 11 Tagen. Geht nicht? Geht doch! Zusammen mit einem Freund entschieden wir uns dieses Jahr nach Georgien zu fliegen, dort auf den Kazbek (5047 m) zu wandern (bzw. zu klettern), dann die Hauptstadt Tiflis kennenzulernen und den Urlaub am Schwarzen Meer in Batumi gemütlich ausklingen zu lassen.

Hier nun der Bericht, wie wir im August 2014 auf den Berg hinauf und auch heil wieder hinuntergekommen sind. Zur Nachahmung dringend empfohlen.


Blick von Kazbegi auf den Kazbek (5.047 m) mit Dreifaltigkeitskirche (2.200 m)

Die Vorbereitung war schon mal eine große Herausforderung, da es im Internet (besonders auf deutschsprachigen Seiten) kaum Erfahrungsberichte zu Kazbekbesteigungen gibt und wir nicht mal genau wussten, was wir eigentlich mitnehmen sollten. Auch war es uns nicht gelungen vorab einen Bergführer zu organisieren. Erfreulicherweise war ein Freund von mir schon auf diesem Berg und gab mir ein paar Tipps zur Routenplanung und was man mitnehmen sollte.

Must have:
1.) Steigeisentaugliche Bergschuhe
2.) Essen für 2 - 3 Tage! (Geschirr, Nudeln, Riegel,....)
3.) Trekkingstöcke
4.) Rucksack (mit ca. 60 Liter, Schlafsack, Matte, Funktionsunterwäsche, warmes Gewand, Handschuhe, Sonnenbrille)
5.) Klettergurt, Steigeisen, Eispickel, Seil, Klettergeschirr mit 2 Karabiner, (vor Ort für 2 Tage für 2 Personen für 200 Lari inkl. Zelt, welches nicht gebraucht wurde ausgeliehen)

Tag 1 (06.08.2014)
Flug von Kiew nach Tiflis mit Landung ca. um Mitternacht. Interessanterweise landen die meisten Flüge in Tiflis zwischen Mitternacht und 6 Uhr in der Früh. Wir entschieden uns in der Stadt ein Hotelzimmer zu nehmen und am nächsten Tag in der Früh zum Kazbek aufzubrechen. Ein Dreisternhotel, nicht zu vergleichen mit einem Hotel dieser Kategorie in Westeuropa, kostete für eine Nacht 120 Lari. (1€ = ca. 2,3 Lari) Für das Taxi vom Flughafen in die Stadt zahlten wir 30 Lari. 

Tag 2 (07.08.2014)
Von unserem Hotel fuhren wir so gegen 9 Uhr mit dem Taxi für 5 Lari zur U-Bahnstation Didube, von wo im Halbstundentakt Kleinbusse für 10 Lari pro Person in das ca. 2,5 Stunden entfernte Kazbegi/Stepanzminda fahren. Dieser 2000-Seelenort ist dann auch der Ausgangspunkt für die Kazbekbesteigung.
Wir stiegen also bei 35 Grad in Tiflis in einen Kleinbus und waren dann 150 Kilometer später bei 15 Grad in Kazbegi auf 1.800 Meter Seehöhe.

Je weiter man sich von Tiflis entfernt, dest öfter versperren einem Kühe auf der Straße den Weg

Jetzt waren wir zwar in Stepanzminda, hatten aber weder einen Bergführer noch die vollständige Ausrüstung beisammen. Im Zentrum des Dorfes fanden wir schnell einen Laden (Mountain Travel Agency - siehe Foto), der 1. Bergführer vermittelt und 2. alles Notwendige für die Kazbekbesteigung zum Verleih anbietet. Eigentlich wollten wir ja gleich zur Meteostation/Betlehemhütte aufbrechen, aber im Verleih waren keine Steigeisen vorrätig. Es wurde uns mitgeteilt, dass wir alles Notwendige am nächsten Morgen um halb 9 abholen könnten und auch ein Schreiben an unseren Berführer vorbereitet würde, welcher uns auf der Meteostation erwarten würde. Alles wirkte ein bisschen chaotisch und unprofessionell. Im Nachhinein war es sehr bedauerlich, dass wir ein Zelt aufgeschwatzt bekamen, obwohl es überhaupt kein Problem war auf der Meteostation einen Hüttenschlafplatz für 25 Lari pro Nacht zu bekommen.

Die Geschäfte in Stepanzminda/Kazbegi können mit modernen Supermärkten nicht mithalten
Wir leisteten eine Anzahlung und machten uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Viele Einwohner von Stepanzminda bieten in ihren Häusern privat Zimmer zum Vermieten an und so kamen auch wir für 20 Lari pro Nase bei einer freundlichen georgischen Familie im Wohnzimmer unter. Am Nachmittag spazierten wir durch das Dorf und versuchten uns an die merklich dünnere Bergluft in 1.800 m Höhe zu gewöhnen.
Hier unsere Unterkunft in Stepanzminda von Außen ....
.... und von Innen!
Für 20 Lari extra gab es Abendessen und Frühstück.
Tag 3 (08.08.2014): Am Morgen holten wir wie vereinbart bei der Mountain Travel Agency Steigeisen, Klettergurt, Seil, Eispickel und Brief an den Bergführer Namens Koba ab. Für 50 Lari führte man uns noch auf 2.200 m Höhe zur Dreifaltigkeitskirche, aber von dort an gab es ein Weiterkommen nur noch zu Fuß.


Im Zentrum des Dorfes gibt es die Mountain Travel Agency.

Wir waren nicht die Einzigen, die auf den Kazbek wollten und so rollte die Fahrzeugkollone langsam die schlechte Straße auf 2.200 m hinauf.
Nach gut einer halben Stunde waren wir bei der Dreifaltigkeitskirche und von da an ging es nur noch "per pedes" weiter.
Über 8 km und fast 1.500 m geht es von der Dreifaltigkeitskirche bis zur Betlehemhütte (Meteostation)
Der Weg zur Hütte verläuft anfangs noch über grüne Hügel, aber nach und nach wird es abschnittsweise steiler und steiniger, die letzten zwei Kilometer marschiert man über einen Gletscher, der zwar nicht sonderlich steil ist und ohne Steigeisen begangen werden kann, aber doch die eine oder andere Gletscherspalte aufweist. Nach vier Stunden 30 Minuten waren wir bei der Meteostation und fragten nach unserem Bergführer Koba, welcher auch die Hüttenleitung über hatte, wodurch die Vergabe zweier Schlafplätze in der Hütte überhaupt kein Problem darstellte. Wir vereinbarten mit Koba am nächsten Tag einen Akklimatisierungsrundgang zu machen und Steigeiesengehen zu üben.
Die Hütte selbst - eine frühere Wetterstation wohl noch aus den 40er Jahren - ist äußerst schmutzig, verfügt über kein fließendes Wasser und keine Toiletten. Die "Toiletten" waren um die Hütte verteilt hinter jedem großen Stein. Wir waren zu sechst in einem kleinen Zimmer mit einem selbstgezimmerten Stockbett, das Fenster war statt mit Glas einfach mit einer Plastikplane abgedeckt. Es gab eine Küche, wo es aufgrund der Gaskocher etwas wärmer war, aber sehr schmutzig mit sehr sehr viel Müll.
Aufstieg zur Hütte, zuerst noch recht grün, im Hintergrund lauert schon der Gletscher
Die Meteostation von der einen Seite ....
.... von Innen (Küche) ....
.... und von der Vorderseite mit hübscher Bemalung
Mit der Höhe von über 3.600 Metern hatten wir keine größeren Probleme, hatten uns aber profilaktisch morgens und abends jeweils eine Schmerztablette eingeworfen. Die Hütte war gut besucht, einige Mutige wohnten sogar in Zelten. Das Publikum war ziemlich durchmischt: Viele Ukrainer und Russen, einige Deutsche, aber auch Polen und Tschechen. Die meiste Zeit saßen wir in der Küche und unterhielten uns mit Leidensgenossen, die entweder schon einen Aufstieg versucht hatten oder eben am gleichen Tag wie wir aufsteigen wollten. So um 10 Uhr abends legten wir uns schlafen. Wenn man diese Höhe noch nicht gewohnt ist, kann man kaum schlafen, da man immer das Gefühl hat es gibt zu wenig Luft zum Atmen, meist nickt man dann nur für ein paar Minuten ein und wälzt sich dann schon wieder schlaflos im Schlafsack. Erschwerend kommt hinzu, dass man ja zu sechst im Zimmer ist und der Komfort sehr begrenzt ist.
provisorische Wasserstelle unweit der Hütte
10 Lari kostet der Standplatz für ein Zelt bei der Hütte

Tag 4 (09.08.2014): Die erste Nacht in der Hütte hatten wir hinter uns. Geschlafen hatten wir kaum und in der Nacht auf's Klo zu gehen - also sich anziehen und im Dunkeln vom quietschenden Stockbett turnen zu müssen - ist ein Horror.
Zum Frühstück gab es wie fast jeden Tag Müsliriegel - ein Deutscher, der seit 4 Monaten mit dem Fahrrad um die Welt fährt, hatte einen Benzinkocher und lud uns auf einen heißen Kaffee ein, der Morgen war gerettet. Einige Klettermaxe haben wohl doch zu viel Proviant mit, den sie vor dem Abstieg ins Tal in der Küche zurücklassen, außerdem gab es in der Küche ein paar herrenlose halbvolle Gaskartuschen, sodass auch wir uns an diesem Akklimatisationstag zwei warme Mahlzeiten genehmigen konnten.
Ansonsten war dieser Tag eher unspektakulär: Mit unserem Führer Koba unternahmen wir einen kleinen Rundgang von circa einer Stunde und vereinbarten, dass er uns am nächsten Tag um 1 Uhr in der Früh weckt um um 2 Uhr aufzubrechen. Das Wetter war mittelmäßig, es schneite zwar nicht, aber es war nebelig und die Sonne kam nur selten durch. So gegen 14 Uhr kamen ein paar Teams zurück, die aufgrund der schlechten Wetterbedingungen am Kazbek-plateau - bevor es wirklich steil zum Gipfel hinaufgeht - umdrehen mussten. Wir fragten Koba nach dem Wetterbericht für morgen und er meinte nur, dass die Aussichten nicht die Besten seien, wir aber um 2 Uhr aufbrechen würden und dann am Kazbek-plateau entscheiden würden, ob ein Aufstieg möglich sei.
Blick von der Meteostation über den Gletscher ins Tal
Blick von der Meteostation auf den Kazbek
Fast wie der Blick aus dem Flugzeug (Meteostation talwärts)
Tag 5 (10.08.2014): 01:15: Wo ist Koba? 01:20: Wir wecken Koba auf! Frühstück: Instantkaffee und ein Stück Brot. Koba isst nur eine Schnitte, trinkt einen Tee und nimmt dann noch einen großen Schluck Bier aus einer 2 Liter Plastikflasche. 02:15 Abmarsch bei Vollmond mit Stirnlampe. Zuerst geht es über eine Marslandschaft, dann über Gletscher mit Spalten im Dunklen noch relativ flach dahin, dann kommt man irgendwann zum schneebedeckten Kazbek-plateau. Von dort geht es dann immer steiler zum Gipfel hinauf. Bis zum Plateau geht man einfach dem Bergführer nach, den Blick immer auf den Vordermann gerichtet. Bei der einen oder anderen kurzen Pause konnte man dann den Blick herumschweifen lassen und es gibt wirklich an einigen Stellen ganz schön tiefe Gletscherspalten. Außerdem hört man immer wieder Steinlawinen oder einzelne Steine, die von irgendwo herunterkollern, was einem ein etwas unwohles Gefühl beschert. Irgendwo hinter uns konnten wir dann auch die Stirnlampen der ersten Verfolger ausmachen.

Der Weg zum Gipfel und wieder zurück! Es sind zwar "nur" ca. 5 km zum Gipfel, aber es geht dann sehr steil bergauf!
Am Plateau begann es endlich zu dämmern und es wurde dann merklich steiler, sodass wir bei 4.600 Meter die Steigeisen montierten und uns mit Seilen sicherten. Da hatten wir dann auch unseren ersten und einzigen Einbruch, es war kalt, der Wind wehte, die Sicht war sehr schlecht geworden, die Luft extrem dünn und wir hatten eigentlich keine Kraft mehr. Wie durch ein Wunder öffnete sich genau in diesem Moment ein Sonnenfenster für sicher nicht länger als drei Minuten, aber es reichte um uns aufzuwärmen und wir setzten unseren Weg fort. Je höher man kommt, desto mehr atmet man ins Leere. 3 Schritte, 15 Sekunden Pause zum Atmen, 3 Schritte, 15 Sekunden Pause zum Atmen, .....
Bei einer Höhe von 4.900 Meter gibt es eine kleine Ebene Fläche, wo wir nochmals alle Kräfte für die letzten gut 100 Höhenmeter sammelten. Zu sehen war nur Nebel.
Anstrengend, kalt und steil!
Nach circa 6 Stunden waren wir endlich am Gipfel! Verwundert mussten wir feststellen, dass es kein Gipfelkreuz, kein Denkmal rein gar nichts außer Schnee am Gipfel gibt. Wir fragten bei Koba nach, warum es denn kein Gipfelkreuz gäbe und er meinte nur, dass sie einmal weiter unten eines aufgestellt hätten, aber dieses der Wind weggeblasen hätte. Tja, das nenne ich georgische Logik!
Gipfelfoto, das auch aus dem Fotostudio stammen könnte
Der Gipfel des Kazbek bei Nebel
Unser Führer Koba ausnahmsweise mal ohne Zigarette
Der Abstieg beginnt! Im weichen Pulverschnee sinkt man zwar ein, aber wir waren trotzdem sehr flott unterwegs. Auf dem kleinen Plateau gut 100 Höhenmeter unter dem Gipfel trafen wir auf die ersten Verfolger, zuerst eine Gruppe Russen aus Südossetien, gleich darauf die ersten 3 Verfolger, die wir schon von der Hütte kannten. Am Weg hinunter zum Kazbek-plateau trafen wir mehrere Gruppen - insgesamt wohl an die 50 Leute, von denen die meisten ebenfalls von der Meteo-station den Aufstieg wagten. Jeder will natürlich wissen, wie weit es noch zum Gipfel ist. Am Anfang erklärt man noch ganz genau, was für Strapazen noch vor einem liegen, aber irgendwann beschränkten wir uns nur noch darauf eine grobe Zeitangabe zu machen.
Beim Abstieg nach dem Kazbekplateau am Gletscher
Endlich erreichen wir das Kazbek-plateau und ließen den Berg und den Nebel hinter uns. Beim Aufstieg war es dunkel, jetzt konnten wir das endlich alles bei Tageslicht sehen. Die Sonne kam durch und es wurde schnell wärmer. Der Schnee am Plateau war sehr matschig und das Fortkommen sehr kräfteraubend. Am Gletscher waren wir dann schon so entkräftet, dass wir auf dem nassen Eis auch einige Mal ausgerutscht sind. Links von uns war eine riesige Felswand, von der laufend Steine abbrachen, was wir beim Aufstieg nur hörten, konnten wir jetzt auch mit eigenen Augen sehen. Wir versuchten uns so weit wie möglich von der Wand entfernt fortzubewegen, aber einige Steinbrocken, die auch dort herumlagen, zeugten davon, dass auch unser Weg keinesfalls ganz sicher war.
Nachdem wir die gefährlicheren Passagen mit unserem Führer durchquert hatten, legte dieser einen Zahn zu und wir sahen ihn erst wieder bei der Hütte. Der letzte Kilometer führte wieder über eine Marslandschaft und um 12:15, also ziemlich genau nach 10 Stunden erreichten wir entkräftet wieder die Meteostation, tranken Tee mit freundlichen älteren Russen, erholten uns ein wenig, packten unsere sieben Sachen, bezahlten (350,- EUR) und verabschiedeten uns von Koba und machten uns auf den Weg zurück ins Tal. Es lagen also noch zehn Kilometer bis zur Dreifaltigkeitskirche vor uns.
Endlich wieder bei der Dreifaltigkeitskirche
Um 14:30 machten wir uns also mit unseren prall gefüllten, schweren Rucksäcken auf den Weg, zuerst über den Gletscher, dann über Stock und Stein und nach und nach wurde es um uns herum wieder grüner, fruchtbarer und freundlicher. Um 18 Uhr kamen wir endlich zur Kirche und hofften ein Taxi zu finden, es waren zwar ein paar Fahrzeuge vor Ort, aber die waren alle mit Touristen besetzt, die sich die Kirche anschauten. Ein Taxifahrer fragte, ob wir eine halbe Stunde warten könnten, dann wäre sein Kollege hier. Wir sagten zu und fuhren nach circa 40 Minuten zurück nach Kazbegi zu der Familie, bei der wir schon am ersten Tag nächtigten. Am Abend genehmigten wir uns im Dorf ein Bier, gegrilltes Fleisch (Schaschlik) und Chatschapuri (georgisches Teiggebäck mit Käse). Wir schliefen 10 Stunden und retournierten in der Früh das Leihmaterial und fanden am Dorfplatz einen Taxifahrer, der uns für 50 Lari zurück nach Tiflis brachte. Für gut zwei Stunden Fahrzeit sehr günstig und wir hatten noch die Möglichkeit an ein paar sehenswerten Plätzen stehenzubleiben und Fotos zu schießen.
Zwischenstopp mit Blick auf die Berge
Noch ein Zwischenstopp bei einem Stausee am Weg nach Tiflis
Und hier Tiflis am Abend
Dann verbrachten wir noch 3 Tage in Tiflis und vier Tage in Batumi am Schwarzen Meer, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Bis bald euer
Maxi

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Zeit für Kultur - Ballett in der Kiewer Oper

Schwanensee (Лебединое Озеро = Lebedinoje osero) in der Kiewer Staatsoper

Das verflixte 7 Jahr in Kiew und noch immer ist sich kein Opernbesuch ausgegangen. Damit war jetzt Schluss. Ein paar Impressionen aus dem Taras-Schewtschenko Opernhaus und der eine oder andere Tipp, wie man in die Oper kommt und den Aufenthalt auch noch genießen kann.

Die Wahl ist also auf Schwanensee gefallen, das Ballett von Pjotr Tschaikowski, welches meist auch Kulturbanausen ein Begriff ist. Auf jeden Fall sollte man vor dem Ballett aufmerksam nachlesen worum es denn eigentlich geht, da dies aus dem Tanz nicht immer eindeutig hervor geht. (http://de.wikipedia.org/wiki/Schwanensee)

Hier ein Foto von Wikipedia, in der Mitte die große Büste von Taras Schewtschenko! Fast kein Auto zu sehen auf dem Foto, wahrscheinlich stammt es noch aus Sowjetzeiten. Jetzt ist die "Vladimirskaya ulica/Straße" fast immer zugeparkt und zugestaut.

Die zu besuchende Aufführung und den Sitzplatz sucht man sich am Besten gemütlich auf der Homepage der Oper aus (http://www.opera.com.ua/en). Für ca. 40,- Euro pro Karte war in einer Loge ein Sitzplatz in der ersten Reihe zu haben, was ich nur empfehlen kann, möchte man nicht anderen Besuchern auf den Hinterkopf starren.

Der Antrakt (eigentlich Entracte, russisch Антракт) ist die Pause zwischen den einzelnen Akten der Aufführung. Wer Lust auf ein Gläschen oder einen kleinen Happen hat stürmt dann zum Buffet (siehe Foto). Schnell hat sich im Antrakt am provisorischen Buffet eine lange Schlange gebildet und viele stehen noch in der Schlange, wenn die Pause auch schon wieder vorbei ist:). Da heißt es schnell sein, oder man nimmt sich - so wie ich es bei drei ältere Damen beobachten konnte - einfach eine kleine Flasche Konjak mit Stamperl in der Handtasche in die Oper mit.

Hier das Buffet, von dem es zwar mehrere gibt, aber alle gleich langsam und überlaufen sind.
Glück gehabt, noch bevor der Antrakt zu Ende war, habe ich meinen Konjak bekommen. (und natürlich trinke ich einen ukrainischen Konjak aus den Karpaten, http://tysa.ua/ua)

Besser noch zu Hause auf die Toilette gehen. Vor allem sieht es besser aus, als es riecht.

Ganz nobel der Türknauf zur Loge.

Der Vorhang noch geschlossen und das Orchester beim Einspielen.

Der gesamte Opernsaal ist in Gold gehalten.
.... und auch die Vorräume - hier während des Antrakts - sind ganz und gar golden.

5 Minuten vor Spielbeginn gerade mal halbvoll, bis zum "Anpfiff" war das "Stadion" aber bis auf den letzten Platz ausverkauft!

Sehr beeindruckend ist, dass auf der Bühne oft über 20 Tänzer gleichzeitig auftreten.
 




Natürlich gibt es auch Soloauftritte der Hauptakteure, hier Sigfried mit dem weißen/guten "Schwan".
 
... und dann von einem Moment auf den nächsten ist die Bühne wieder voll mit BalletttänzerInnen.
Unglaublich sind die Leistungen der BalletttänzerInnen, die einem phasenweise das Gefühl vermitteln über das Parkett (bzw. das Linoleum:)) fliegen zu können. Die klassische Musik, perfekte Körper in Strumpfhosen und das altehrwürdige Kiewer Opernhaus versetzen den Zuseher für kurze Zeit zurück in das 19. Jahrhundert.

Lediglich das gelegentliche Läuten der Mobiltelefone muss man dabei ausblenden. Aber ich bin mir sicher auch im 19. Jahrhundert, gab es in der Oper den einen oder anderen Störenfried.

Euer Maxi






Sonntag, 11. November 2012

Schwammerl suchen - Pilze sammeln in Kiew - собирать грибы в Киеве

Schwammerl suchen oder Pilze sammeln, das ist hier die Frage!

Während man im österreichischen Sprachgebrauch vom "Schwammerl suchen" spricht, so redet ein Russischsprachiger immer vom "Pilze sammeln" (собирать грибы, sobiratj griby). Nachdem ich Ende Oktober mit zwei Freunden erstmals die ukrainischen Wälder heimsuchte, reden eigentlich auch wir nur noch vom Pilze sammeln:).

Hört man von Pilzen und Ukraine, so denkt wahrscheinlich fast jeder gleich an Tschernobyl und atomare Verstrahlung. Da aber schon seit Jahren wieder Pilze in der Umgebung von Kiew gesammelt und gegessen werden und außerdem das Fallout von Tschernobyl - so sagt man - in den Norden nach Weißrussland gezogen ist, entschlossen wir uns mit einem "pilzvernarrten Deutschukrainer" ein bisschen durch die Wälder zu ziehen.

Aber was gibt es denn überhaupt für Pilze in den ukrainischen Wäldern? Unser deutschukrainischer Freund klärte uns sogleich auf: Der Ferrari unter den Pilzen ist der Steinpilz (http://de.wikipedia.org/wiki/Gemeiner_Steinpilz), den man im russischen als weißen Pilz (белый гриб, belyj grib) bezeichnet. Ja und der Mercedes, das ist die Marone (http://de.wikipedia.org/wiki/Maronen-R%C3%B6hrling), die die Ukrainer Polnischer Pilz (польский гриб, polskij grib) nennen. Der Volkswagen der Pilze ist der Hallimasch (http://de.wikipedia.org/wiki/Hallimasche) von dem wir vorher noch nie was gehört hatten. Erschrekend, dass ebendieser Hallimasch im rohen und schlecht gekochten Zustand giftig ist. Für Details lese man auf Wikipedia nach.

In der zweiten Oktoberhälfte gibt es leider keine Ferraris mehr, weshalb wir uns an einem strahlend sonnigen Sonntag im Herbst aufmachten ein paar Mercedes und eventuell auch VWs zu finden.

Man setze sich einfach ins Auto und fahre eine halbe oder ganze Stunde raus aus Kiew und suche sich einen schönen Wald. 
Mit der GPS-Funktion vom Handy habe ich unseren ausgewählten Wald abgespeichert.

Der Weg dorthin führte vorbei an nichtendendwollenden Müllbergen,....

,.... an Pferdefuhrwerken, ....

 ...., einer Schule (ok, das ist nur die Bushaltestation "Schule" und ....

 .... dem Zentrum eines ukrainischen Dorfes.

Doch dann war es endlich so weit, wir hatten nach einer Fahrt über Stock und Stein einen schönen, zum Pilze sammeln geradezu perfekten Wald gefunden.

 Und da war er, der Mercedes unter den ukrainischen Pilzen, die Marone!

Tatsächlich hatten wir bald mehr Mühe die Pilze nicht zu zertreten, als eben diese zu finden. Maronen "bis der Arzt kommt":) 

 Papamorone mit Babymorone und Stummelfinger

 Diese Marone lässt sich genüsslich die Herbstsonne auf das Dach scheinen.

Und plötzlich fing es auch noch an vor Parasolen nur so zu wimmeln. Dieser z.B. in Österreich sehr beliebte Speisepilz mit seinem typisch nussigen Geruch ist den Ukrainern eher unbekannt. Interessanterweise bedeutet "Parasolka" auf ukrainisch Regenschirm.
Parasole, Parasole, Parasole, Parasole und ....

.... auch noch ein Fliegenpilz, von dessen Verzehr ich jedoch abrate!

Nach gut einer Stunde hatten wir bereits mehrere Kilo Maronen und Parasole in unseren improvisierten "Pilzkörbchen".

Am Land verkaufen die Ukrainer alles, was sie im eigenen Garten anbauen, bzw. was sie halt sonst so im Wald essbares finden. Hier ein paar frisch geerntete Maronen, dahinter Birkenpilze (http://de.wikipedia.org/wiki/Gemeiner_Birkenpilz), die wir diesmal nicht gefunden haben. Nachdem wir uns so große Mühe mit dem Pilzsammeln gemacht hatten, wollten wir natürlich in Erfahrung bringen wie viel unsere Maronen im Straßenverkauf gekostet hätten. Die Verkäuferin teilte uns mit, dass sie 25,- UAH (ca. 2,30,- Euro) pro Kilo verlangt. Das ist zwar nicht sonderlich teuer, aber die besten Pilze sind immer noch die selbst gepflückten.

Wieder zu Hause in Kiew beschlossen wir unsere Beute sogleich auch mal zu versuchen. Maronen gut abwaschen, zusammenschneiden, ....

...., mit Öl und Zwiebel in der Pfanne anbraten, dann noch ....

.... Sahne, Gewürze, Salz und Pfeffer hinzugeben und fertig ist das Pilzgericht. Wie man Maronen noch zubereiten kann weiß das Internet.

Den Parasol panieren und in einer Pfanne mit Öl herausbraten, dabei auf keinen Fall die Sauce Tartar vergessen.

Vor allem die Maronen lassen sich im sauberen und kleingeschnittenen Zustand sehr gut einfrieren und können dann jederzeit zum kochen verwendet werden. Im Nachhinein waren wir alle auch recht froh, dass uns der schwer verdauliche Hallimasch erspart geblieben ist.

An dieser Stelle möchte ich mich zuerst bei meinem deutschukrainischen Freund für die ukrainische Pilzkunde bedanken und unserem österreichischen Begleiter für das Panieren der Parasolpilze. Mir selbst ein außerordentlich großes Lob für die souveräne Autofahrt in den ukrainischen Dschungel und den scherbenfreien Abwasch nach unserem Pilzschmausgelage:).

Lesen Sie im August 2013 "Auf den Spuren des Ferraris unter den Pilzen in den ukrainischen Karpaten"!

Bis dahin oder auch schon früher,
euer 
Maxi